Tischsitten im Mittelalter

 

Sich mit beiden Händen das Fleisch in den Rachen stopfen, aus dem Becher saufen bis der Wein über die Brust läuft, Essenrest und Knochen in weitem Bogen auf den Boden werfen, furzen und rülpsen als gäbe es kein Morgen. Nebenbei der Schankmaid oder Dienstmagd kräftig ans Gesäß fassen, zotige Witze reißen und den Tischnachbarn mit Essen beschmeißen wenn er ein nicht passendes Wort führt.

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In der Tat waren die Tischsitten im Frühmittelalter rau, war eine "Tafelrunde" doch immer eine reine Männerrunde. Gegessen wurde mit den Fingern, Winden in jeglicher Form ließ man freien Lauf und fettige Finger wischte man an der Kleidung ab.

Wie so oft waren es die Frauen welche eine Änderung herbei führten als sie im 11. Jahrhundert ebenfalls Einzug an den Tafeln hielten.

 

Entwicklung der Tischsitten

Eine der sicherlich wichtigsten Änderungen war wohl das Waschen der Hände vor dem Essen, denn noch immer aß man mit den Fingern.

Die ersten Tischregeln wurden aufgestellt, und die Bekanntesten unter ihnen waren:

- Fange nicht an zu essen, bevor die anderen anfangen.
- Stopfe nicht ein zu großes Stück in den Mund.
- Trink oder sprich nicht mit vollem Mund.
- Kratze dich nicht am Leib oder Kopf.
- Pass auf, dass keine sechsfüßigen Tierchen an dir herumkrabbeln.
- Wisch dir den Mund ab, wenn du den Becher nimmst.
- Wenn du niesen oder husten musst, lass allen freien Laut, aber wende dich ab.
- Auch wenn dir ein Stück deines Tischnachbarn besonders gefällt, nimm es nicht weg.

Im Hoch- und Spätmittelalter entwickelten sich die Tischsitten weiter, so war ungeschnittene, lange Fingernägel verpönt ebenso wie das Entsorgen von Abfällen unter den Tisch, das in die Hand schnäuzen, Spucken, Kratzen, Ablecken der Finger sowie das Reinigen der Zähne mit dem Messer.

Auch das Abnagen von Knochen sowie das Aufstützen auf den Ellebogen wurde nicht gerne gesehen.

Fettige Münder wurden aber immer noch mit der Hand abgewischt, die Finger dann an der Kleidung gereinigt. Erst im 15. Jahrhundert kamen zu diesem Zwecke Tücher auf, die Serviette.

 

Das Essbesteck

Wie erwähnt wurde lange Zeit mit den Fingern gegessen. Um sich ein Stück des Bratens zurecht zu schneiden benutzte man sein Messer, welches immer im Gürtel bei sich getragen wurde. Erst später gab es eigens für die Tafel gedachte Speisemesser.

Für den Löffel gab es zahlreiche Beispiele in der Natur, von der Muschel bis hin zu Nuss- oder Gemüseschalen. Aber eine Suppe konnte auch einfach aus der Schale getrunken werden.

Die Gabel fehlte lange an den Tafeln des Mittelalters, und vor ihrer Entwicklung nahm man einen Esspfriem zu Hilfe. Ein nicht ganz so praktisches Gerät, denn die Speisen neigten dazu sich beim Schneiden um den Pfriem zu drehen.

Das Aufkommen einer mit zwei Zinken versehenen Gabel war zuerst von kurzer Dauer, fand die allmächtige Kirche doch damals die Ähnlichkeit mit dem Teufelsspieß als Sünde. Die bekannte Mystikerin Hildegard von Bingen soll bereits im frühen Mittelalter gesagt haben: "Wer die Gabel statt der Finger benutze, verhöhne Gott"

Erst im 16. Jahrhundert kamen überwiegend bei französischen und italienischen Damen kleine Gäbelchen für Konfekt und Obst in Mode.

 

 

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